Hundesport: Agility-WM in Österreich

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 16. Dezember 2009 um 19:30 Uhr veröffentlicht.

von Marco Glas

Agility gehört heute zu den weltweit beliebtesten Hundesportarten. Die zwölf schnellsten Deutschen Teams sind dieses Jahr mit Hunderten von Fans nach Vorarlberg gereist, um sich drei Tage lang mit der Weltspitze zu messen.

Den Läufern bleiben vor dem Start nur wenige Minuten zur Besichtigung des Parcours

Den Läufern bleiben vor dem Start nur wenige Minuten zur Besichtigung des Parcours


Beim Betreten der Arena auf dem Messegelände in Dornbirn werden sofort Erinnerungen an die Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz vor zwei Jahren wach: weit und breit bunt bemalte Schlachtenbummler, wehende Nationalflaggen und ein Meer aus bunten Trikots. Diesmal hatte Österreich jedoch keine Ballkünstler, sondern die weltbesten Hundesportler zur 14. Agility-Weltmeisterschaft nach Vorarlberg eingeladen. In Halle 6, wo im Winter der Eishockeyverein „Bulldogs Dornbirn“ seine Gäste empfängt, sprinten in den nächsten drei Tagen 383 Hunde und Halter aus 36. Nationen in Mannschafts- und Einzelwettbewerben um die WM-Titel. Sogar aus so fernen Ländern wie Brasilien, Chile und Japan sind die Nationalmannschaften mit ihren Fans angereist.

Die deutsche Nationalmannschaft

Einer der kleinsten Starter in der Kategorie Small

Einer der kleinsten Starter in der Kategorie Small


Seit 1996 die erste Agility-WM in der Schweiz stattfand, kommen von Jahr zu Jahr mehr Nationen mit ihren Teams zu diesem besonderen Hundesport-Event. Alle Teilnehmer müssen sich vor jeder WM auf nationaler Ebene qualifizieren. So traten im Mai bei der VDH-Europasiegerausstellung in Dortmund 51 Teams an, um sich einen Platz in der Deutschen Nationalmannschaft zu sichern. Nur die zwölf schnellsten Läufer bekamen ein Ticket für Österreich. Der Grund dafür, warum Agility heute auf der ganzen Welt so populär ist, hat neben der sportlichen Herausforderung aber auch noch andere Gründe. „Agility ist nicht nur ein Sport, sondern hat auch viel mit Hundeerziehung zu tun. Hund und Halter können durch das Training eine intensivere Beziehung aufbauen. Dies führt letztlich auch dazu, dass der Hund im Alltag besser folgt und noch stärker in die Familie integriert wird“, erklärt Jean-Paul Petitdidier. Der Präsident der Agility-Kommission der FCI hat bereits im Jahr 1988 ein Reglement für den Agility-Sport erarbeitet, an das sich bis heute alle an der WM teilnehmenden Länder im Wesentlichen halten.

Die Mannschaftswettbewerbe

Stefanie Roecker mit Border Collie FlyFly

Stefanie Roecker mit Border Collie FlyFly

Aber auch bei den Zuschauern wird der Hundesport immer beliebter. Als der Stadionsprecher das erste deutsche Mensch-Hund-Team ankündigt, bringen Hunderte mitgereister Fans die Halle in wenigen Sekunden zum Beben. Fanfeindschaften wie im Fußball gibt es hier in Dornbirn nicht. Ganz im Gegenteil. Reißt ein Hund beim Sprung eine Stange herunter, schallt zur Anfeuerung sofort rhythmischer Beifall von allen Rängen.

Pudel beim Slalom

Pudel beim Slalom


Zu Beginn der WM stehen die Mannschaftswettbewerbe an. Die haben es in sich, da nur eine geschlossene Leistung zum Erfolg führt. Je drei Läufer starten in den Größenklassen „Small“ (Widerristhöhe unter 35 cm), „Medium“ (zwischen 35 und 43 cm) und „Large“ (über 43 cm) für ihr Land. Die Sprunghöhe der einzelnen Hindernisse wird den drei Größenklassen entsprechend angepasst. Jeder Starter absolviert zwei Läufe auf unterschiedlichen Parcours, sodass sich die Gesamtzeit einer Mannschaft aus sechs Einzelläufen addiert. Verweigert ein Hund ein Hindernis oder reißt er eine Hürde, gibt es Fehlerpunkte. Gewinner ist die Mannschaft mit der schnellsten Gesamtzeit und den wenigsten Fehlerpunkten.

Shetland Sheepdog beim Sprung über eine Hürde

Shetland Sheepdog beim Sprung über eine Hürde


Claudia Elsner und Philip Müller-Schnick legen mit ihren Border Collies „Joey“ und „Finn“ einen sensationellen ersten Lauf hin. Und auch dem dritten Team in der Kategorie „Large“, Tobias Wüst und Malinois „Don“, gelingt ein einwandfreier Lauf. Das bedeutet Rang eins im Mannschaftswettbewerb. Vor dem zweiten und entscheidenden Lauf der deutschen Teams wird die Halle zum Hexenkessel. Längst hält es die Fans nicht mehr auf ihren Sitzen. Anfeuerungsrufe und Tröten tönen aus dem mit schwarz-rot-goldenen Fahnen übersäten Fanblock. Wer am Ende die Nase vorne hat, entscheiden jedoch oftmals die Nerven. Die deutschen Läufer können ihre Leistung vom ersten Durchgang nicht noch einmal wiederholen und verpassen mit dem sechsten Rang das Podium nur knapp. Weltmeister wird die Mannschaft aus Russland. Auch die als Mitfavoriten gestarteten Teams der Kategorien „Small“ und „Medium“ müssen in diesem Jahr den Teams aus Russland und Finnland die Weltmeistertitel überlassen. Am Ende reichte es noch für Rang 16 und 19.

Die Einzelwettbewerbe

Auch in den Einzelwettbewerben lassen die Erfolge zunächst auf sich warten. Uschi Sattler, die mit Parson Russell Terrier „Sugar“ mit der besten deutschen Qualifikationszeit in der Klasse der Kleinsten zur WM anreiste, scheitert im zweiten Lauf: „Sugar ist toll gelaufen, aber ich habe nur einen Sekundenbruchteil nicht aufgepasst und schon war alles vorbei.“
In der Mittelklasse haben Stephanie Tiemann, Roswitha Turner und Jana Kiefer mit den Rängen 7, 19 und 24 noch alle Chancen auf eine Top-Platzierung. Während Tiemann mit Manchester Terrier „Chilly“ nach dem zweiten Durchgang auf Rang 35 abrutscht, können sich Turner und Shetland Sheepdog „Fio“ um einen Rang verbessern. Der beste Lauf gelingt aber Jana Kiefer und Shetland Sheepdog „Finn“. Als die beiden das vorletzte Hindernis anlaufen, kommt wie auf Kommando tosender Applaus von allen Rängen. Dann ist es amtlich: Kiefer und Finn sind nicht nur unter den ersten zehn, sondern erzielen mit Platz acht in der Kategorie „Medium“ auch das beste deutsche Ergebnis des Wettbewerbs. Den Weltmeistertitel holen sich Natasha Wise und Border Collie „Dizzy“ aus Großbritannien.

Krisztina Kabai, die beste Deutsche in der größten Klasse, startet von Position 17 in den Schlusslauf. Wie an einer Schnur gezogen leitet Kabai ihren Border Collie „Chilli“ durch den Parcours. Wieder läuft alles prima, der Tunnel, der Slalom und auch den Weitsprung meistert Chilli hervorragend. Nur noch drei Hindernisse. Einige Fans können vor lauter Anspannung kaum noch hinsehen. Als der Border Collie dann zum Sprung über die letzte Hürde ansetzt, steht die Halle Kopf. Die deutschen Fans singen und tanzen auf den Rängen. Kabai und Chilli haben sich auf den zehnten Platz vorgekämpft. Silas Boogk und Border Collie „Back“, die von einem aussichtsreichen elften Platz ins letzte Rennen gegangen sind, kommen leider nicht fehlerfrei durch und fallen im Gesamtklassement zurück.

Einzug der deutschen Mannschaft beim großen Finale

Einzug der deutschen Mannschaft beim großen Finale

Happy End für Österreich

Der Höhepunkt aus österreichischer Sicht sollte für die bislang leer ausgegangene Heimmannschaft noch folgen. Die 19-jährige Lisa Frick aus Rankweil in Vorarlberg gewinnt mit ihrem erst zweijährigen Border Collie „Hoss“ den Weltmeistertitel in der Kategorie „Large“. Susanne Novak aus Wien sichert sich mit Border Collie „Minn“ den dritten Platz. Und auch im Hinblick auf die Zuschauerzahlen ist die WM für Österreich ein großer Erfolg: Insgesamt 10.000 Besucher kommen in den drei Tagen in die Dornbirner WM-Halle, um ihre Teams anzufeuern.

Marco Glas
Journalist und Fotograf

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