Mensch & Hund
Dieser Beitrag wurde am Montag, 14. November 2022 um 12:09 Uhr veröffentlicht.Durch Verantwortung Liebe und Sicherheit schenken
Eine Rezension von Gudrun Beck, Züchterin der Fox Lions Collies
José Arce therapiert Menschen mit Hund, die Probleme haben. Als Ursache allen Übels sieht er Unsicherheit. Ein Hund, der Probleme bereitet, mache dies nur, weil er sich durch sein Herrchen oder Frauchen nicht zuverlässig beschützt fühle. Damit mag er in der Mehrheit der Fälle richtig liegen. Wir wissen, dass es durchaus noch andere Gründe gibt, die andere Therapien nötig machen (s. „Duell auf offener Straße – Leinenaggression beim Hund“ von Nadin Matthews, S. 26ff, Kosmos 2021).
Dieses Buch hier von José Arce ist eine Hilfe für die Fraktion der Unsicheren.
Seine Überzeugung ist, dass ein Hund, der zu Hause bereits einen festen Platz hat, auf den er geschickt werden kann, der einen von seinen Menschen fest strukturierten Alltag und Hausregeln hat, auch unterwegs unauffällig ist, weil er den Menschen als Entscheider und Beschützer sieht. „Verantwortung übernehmen“ heißt bei ihm nichts anderes, als dominant führen – bereits in der eigenen Wohnung, aber natürlich auch draußen. Details, wie man das konkret tut, bleibt er für die allermeisten Situationen schuldig.
Seiner Meinung nach ist Bewegungsdrang über den gemeinsamen Spaziergang hinaus meist lediglich ein Stress-Symptom, weil der Hund sich in der Rolle des Entscheiders sieht und überfordert fühlt. So sieht er das Apportierspiel, andere Auslastungsversuche und Hundeausläufe kritisch. Gerade beim Austoben mit fremden Hunden sehe es oft nach einem schönen Jagdspiel aus, sei in Wahrheit aber ein völlig sinnloser Rangordnung-Versuch unter Tieren, die sich zufällig gerade erst kennenlernen und wahrscheinlich nie wieder sehen. Danach seien viele Hunde aufgekratzter und unruhiger als ohne diese Begegnung im Freilauf.
Sein Begriff von Freiheit ist ein ganz anderer, als die meisten Hundefreunde erwarten. Nicht das abgeleint laufen dürfen, sondern die Freiheit von Führungsstress im Hundehirn mache den Hund frei. Die Hundeleine sieht er als verlängerten Arm und eine die Bindung fördernde Sicherung, wie das an die Hand Nehmen eines Kindes.
Das Wichtigste sei, dass der Mensch den Hund als Hund erkenne, der aufgrund seiner Evolution nichts anderes wolle, als entspannt seinen Menschen begleiten. Und dass der Mensch zu sich selbst ehrlich werde und mehr auf sein Bauchgefühl höre.
Ein Buch, dass nicht unbedingt Probleme lösen hilft, aber gut zu lesen ist, zum Nachdenken und zur Selbstkritik anregt und mit den 102 künstlerisch wertvollen Farbfotos von ihm und einem zu dem Zeitpunkt 6 Monate jungen Dobermann sehr schön anzusehen ist.
José Arce
Mensch & Hund
2022, Franckh- Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,
Stuttgart, 2022
151 S., 102 Farbfotos von Anna Auerbach, Hardcover
ISBN 978-3-440-17333-6
25,00 € (D)