Die 10 Kompetenzen für Hunde

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 27. April 2023 um 23:18 Uhr veröffentlicht.

DSC_7372bBindung, Intelligenz und Gelassenheit fördern

Eine Rezension von Gudrun Beck, Züchterin der Fox Lions Collies

Kate Kitchenham erklärt in diesem Ratgeber einfach und für jeden verständlich, warum die Erziehungsschritte und Spiele, die sie als Anleitung gibt, genau so am erfolgversprechendsten sind. Zunächst beschreibt sie, was wir von einem “klugen” Hund erwarten und was gute Erfolgsfaktoren sind. Sie vermittelt Grundwissen über die bekannten Mechanismen des Lernens, z. B. die Funktion wichtiger Botenstoffe und idealer Zeitabstände für das Wiederholen einer neu eingeübten Handlung. Hätten Sie gewusst, dass Testosteron die Wirkung von Cortisol bremst, so dass Kastraten schon deshalb oft ängstlich bleiben? Wussten Sie, dass Hunde auch lachen können? Wie und wann sie das tun, lesen wir auf S. 185. “Etwas bieten fürs Verbieten” ist einer ihrer Grundsätze. Glückliche und zuverlässige Hunde sind das Ziel.

Kate Kitchenham widerspricht einigen Empfehlungen von Kollegen in der Hundetrainer-Szene. So ist sie z. B. gegen das nächtliche Einsperren in Dogbox oder Zimmerkennel, weil Beobachtungen zeigen, dass Hunde pro Nacht 8-37 mal den Ort wechseln, während sie nur 16-25 Minuten am Stück wirklich schlafen. Das Ignorieren von Hunden bei Wiederkommen hält sie für schädlich für die Bindung. Eine herzliche Begrüßung fühlt sich nicht nur normaler an, sie wirkt auch besser: “Hab dich lieb!”. Anspringen durch Wegdrehen und Ignorieren abgewöhnen zu wollen, hält sie für einen Fehler. Eine solche Frechheit bzw. Respektlosigkeit würde auch von einem Althund aktiv und deutlich korrigiert. Mit dem Fuß (leicht) wegschubsen und bedrohlich vorgebeugt “Nein!” sagen wäre angemessen, um die eigene Position zu behaupten und damit an Ansehen sogar zu gewinnen: “Mein Frauchen/Herrchen ist stark!”

In der zweiten Hälfte des Buchs wird sehr konkret beschrieben, welche “Vokabeln” ein Hund lernen sollte, und wie man das kleinschrittig und zuverlässig mit guter Laune auf beiden Seiten hinbekommt.

Sprachlich nervt sie nicht mit übermäßigem Gendern und bleibt bei einfachem Deutsch. Mitunter  verblüfft sie durch witzig eingesetzte Vokabeln wie z. B. auf S. 107 “spießig” für “konsequent, unnachgiebig” – was man in der Hunde-Erziehung  ja tatsächlich sein muss. Anderes soll “Kurz, knackig und fröhlich” erfolgen (S.131). “Hunde mit viel krimineller Energie” begegnen mir auch zum ersten Mal in diesem Buch. Der Zusammenhang macht klar, was gemeint ist. Zögern ist eine für Bindung und Erziehung gefährliche Unart seitens vieler Hundeführer. Falsch zu reagieren ist oft weit weniger gefährlich, als erst einmal NICHT zu reagieren. Zögern lässt den Hundeführer schwach und unsicher erscheinen. Unsichere Hunde, die meinen, selbst Entscheidungen treffen zu müssen, sind die Folge. Daraus ergeben sich weitere Probleme. Spontane Klarstellung, was richtig und was falsch ist, macht dagegen sichere Hunde aus, die ihre Grenzen kennen und sich in ihnen gut beschützt fühlen.

Einziger Kritikpunkt, den ich anmerken möchte:

Das wichtigste Hilfsmittel, die Schleppleine, ist nicht klar definiert. Was das eigentlich ist oder sein soll, hat der Leser woanders schon gelesen oder sich im nächsten Futterhaus erklären lassen. Im Einschub auf S. 168 “Schleppleinen – Segen und Gefahr” fehlen mir einige mögliche Gefahren:

  • Je nach eingesetzter Energie, Untergrund und Massenverhältnis Mensch : Hund kann der auf die vom Hund gerade weggezogene Schleppleine tretende Mensch gefährlich durch die Gegend fliegen. (Spreche aus Erfahrung!)
  • Haut der Hund mit Schleppleine ab, weil diese in der Matsche unter dem Fuß des drauftretenden Menschen durchgeflutscht ist, dieser zu spät reagierte oder durch die Gegend flog, kann er in Lebensgefahr geraten. Eine bei mir geborene Colliehündin hat das im Alter von 16 Monaten geschafft. Den ganzen Sommer über wurde intensiv nach ihr gesucht. Im Herbst fand ein Pilzesucher ihre Überreste verstrickt in ein Gebüsch im gleichen Waldgebiet, in dem sie entlaufen war.
  • Großstadt-Hunde, die in viel frequentierten Parks ausgeführt werden, können zum Schutz anderer Parkbesucher aus Platzmangel grundsätzlich nicht mit Schleppleinen ausgestattet laufen. Sie würden mit der Leine Unfälle verursachen.

Trotzdem ein absolut überzeugendes Buch auf dem neuesten Stand der Forschung. Sehr zu empfehlen!

Kate Kitchenham
Die 10 Kompetenzen für Hunde
Stuttgart 2023, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG.
ISBN 978-3-440-17513-2
200 Seiten, 215 Farbfotos, Hardcover
26,00 € (D)

 

Ein Rezensionsexemplar wurde – wie immer – vom Verlag gratis zur Verfügung gestellt.

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