Homöopathie für Welpen und Junghunde

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 10. Januar 2015 um 09:37 Uhr veröffentlicht.

DSC_0704bEine Rezension von Gudrun Beck, Züchterin der Fox Lions Collies

“Mörderisch! Absolut mörderisch! Wo kommt das denn her?!”, war die entsetzte Reaktion, als ich dieses hübsche, kleine Büchlein von der Tierheilpraktikerin Simone Specht dem Leiter der Osteroder Tierklinik, Dr. Thomas Grammel und seiner langjährigen Mitarbeiterin Frau Dr. Kniepen zeigte. Dabei hat Dr. Grammel eine Zusatzqualifikation in Richtung Homöopathie und ich weiß aus Erfahrung, dass er gerne homöopathische Mittel einsetzt, wo es tiermedizinisch sinnvoll erscheint.

Aufgeschlagen hatte ich S. 52, wo die zweite Symptombeschreibung folgende ist: “Starke Krampfkolik mit qualvollen Schmerzen. Der Welpe krümmt sich vor Schmerzen zusammen. Wärme auf dem Bäuchlein bessert. Abgang von Winden bessert. Gallertartiger Kot nach dem Fressen.” Die Empfehlung der Autorin: Colocynthis D6, stündliche Gaben. Diese Beschreibung passt zur Darminvagination, die tödlich ist, wenn nicht binnen weniger Stunden in einer Not-Operation geholfen wird!

Leider sind viele Symptombeschreibung in diesem Buch aus der Reihe “NATURHEILPRAXIS KOMPAKT” des Ulmer Verlags derart lebensbedrohlich, dass sie ein “Ab zum Tierarzt! Sofort!” als Empfehlung haben müssten. Auf der Rückseite des Covers heißt es zum Ziel dieses Buches: “So wird Ihr Welpe gesund groß: Erfahren Sie, wie Sie seine Entwicklung mit Hilfe von Homöopathie und Bachblüten gezielt unterstützen und kleinere gesundheitliche oder psychische Probleme selbst behandeln können.” In krassem Widerspruch hierzu handelt es sich bei den Symptombeschreibungen mehrheitlich um ganz gravierende gesundheitliche Störungen und psychische Probleme, an denen bitte niemals selbst herumgedoktert wird!

Ein Welpe ist ein empfindliches Wesen, dessen Immunsystem noch im Aufbau ist. Meistens sind Welpen so voller Lebensenergie und Tätigkeitsdrang, dass sie sich “kleinere gesundheitliche oder psychische Probleme” kaum anmerken lassen, vor allem nicht von jemandem, der zum ersten Mal einen Welpen hat. Sollten Bakterien an einer Krankheit beteiligt sein, ist das Zeitfenster für eine vielversprechende Behandlung mit Antibiotika bereits klein, wenn sie auffällt. Wird dann noch mit Versuchen, das Problem selbst homöopathisch in den Griff zu bekommen, weitere Zeit vergeudet, ist es kein Wunder, wenn die schlussendlich doch hinzugezogenen Tierärzte dem dann schon todkranken Welpen auch nicht mehr helfen können. Die Versuche, ihn in der Tierklinik mit Infusionen am Leben zu erhalten, können dafür um ein Vielfaches teurer werden, als wenn der Welpenbesitzer sich gleich ein paar Tabletten abgeholt hätte, die die Bakterien getötet hätten, bevor sie eine Blutvergiftung (Sepsis) ausgelöst hätten.

Fazit: Dieses Buch hält nicht, was es verspricht. Es ist sogar als gefährlich einzustufen.

Als jemand, der in den letzten 30 Jahren 115 Colliewelpen großgezogen hat, empfehle ich Ihnen, lieber Leser, zur Sicherheit mit jedem festgestellten gesundheitlichen Problem bei einem Welpen den Rat eines Tierarztes einzuholen. Wenn er gut ist, wird er Ihren Hund so sanft wie möglich behandeln. Ein risikobewusster Tierheilpraktiker würde Sie in den meisten Fällen auch dorthin weiterschicken. Die Welpenzeit geht so schnell vorbei, dass man vor wiederholtem Einsatz von Antibiotika kaum Angst zu haben braucht.

Homöopathie für Welpen und Junghunde
Simone Specht
Eugen Ulmer KG
Stuttgart, 2013
96 S., Paperback
ISBN 978-3-8001-7890-2
12,90 € (D), 13,30 € (A)

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