Auszeit auf Augenhöhe

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 1. November 2017 um 10:48 Uhr veröffentlicht.

DSC_1884bMENSCH-HUND-SPIEL: KLEINER EINSATZ MIT GROSSER WIRKUNG

Eine Rezension von Gudrun Beck, Züchterin der Fox Lions Collies

Ein sehr schönes, ausführliches und spezielles Buch, das sich dem noch viel zu wenig beachteten Thema “Spiel” widmet. Es ist wissenschaftlich korrekt und doch leicht für jedermann verständlich geschrieben, so dass ich es jedem, der sich für Hunde interessiert, empfehlen möchte. Dabei wird zunächst klar gemacht, was man unter “Spiel” eigentlich versteht. So genügen weder “Intelligenz-Spiele”, die eigentlich nur trickreiche Futtersuch-Aufgaben sind, noch monotones Apportieren, das den Werfer durch eine Wurfmaschine ersetzbar macht, dem Anspruch eines echten Spiels mit sozialem Wert. “Sozialspiel” ist also der engere Spielbegriff, dessen Wesen und Wirkung im Vordergrund dieses Buches stehen. Vergleiche mit ursprünglichen Hundespielen und Kinderspielen werden gezogen. Wertvoll für Wohlbefinden und Bindung sind solche Spiele, die völlig frei, ohne fest vorgegebene Regeln “auf Augenhöhe” zur beiderseitigen Freude spontan entwickelt werden. Typisch für echtes Sozialspiel sind Rollentausch und Selbsthandikap, Übertreibungen und Spielgesichter.

Die Autoren räumen auf mit alten Vorurteilen:

- Angst vor Autoritätsverlust durch das Spielen “auf Augenhöhe” ist unbegründet. Die Rangordnung ist nur temporär außer Kraft. Der Hund weiß sehr wohl zwischen Spielsituation und alltäglichem Ernst zu unterscheiden. Ein Hund, der viel spielen darf, macht selten Probleme.

- Angst vor Eskalation von Spielkampf in Ernstkampf ist nur bei mangelnder Sozialisierung und fehlender Beißhemmung berechtigt. Sollten einem Hundehalter entsprechende Defizite bei seinem Hund klar sein oder hat er ihn noch nicht lange genug, um ihn richtig einschätzen zu können, sollte er diese Spiel-Voraussetzungen erst einmal schaffen und gegenseitiges Vertrauen aufbauen.

- Spiel-Anfang und -ende bestimmt nicht immer der Ranghöhere, sondern mal der eine, mal der andere. Freiwilligkeit und beiderseitiger Spaß stehen im Vordergrund.

- Einige Verhaltensweisen wie Augenrollen im Spiel gehören dazu und sind nicht wie in normalen Situationen als Stressindikatoren zu interpretieren.

- Im Spiel darf auch geknurrt werden. Der Hund spielt dann den Größeren und Stärkeren.

- Verspielte Hunde sind nicht etwa unbrauchbar, sondern ganz im Gegenteil sogar kooperativer, unerschrockener und interessierter an Neuem.

- Spiel ist kein Jagd-, Kampf- oder Rangordnungstraining, sondern gut zur Entspannung, für die Bindung und das Wohlbefinden. Spiel trainiert Sozialkompetenz, emotionale Selbststeuerung, Impulskontrolle, Empathie und Frustrationstoleranz. Es erzieht zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen individueller Selbstverwirklichung und sozialer Anpassung.

- Dass Magendreher durch Spielen unmittelbar nach der Fütterung ausgelöst werden können, entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Nach dem Fressen sind viele Hunde in besonders guter Spiellaune.

- Auch drinnen lässt sich herrlich spielen.

Wie Sie es schaffen können, Ihre Beziehung zu Ihrem Hund durch gemeinsames Spiel auf Augenhöhe zu optimieren, lesen Sie in diesem Buch.

 

Auszeit auf Augenhöhe
PD Dr. Udo Ganslosser und Mechtild Käufer
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,
Stuttgart, 2017
240 Seiten, Hardcover
ISBN: 978-3-440-15195-2
29,99 €

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