Hütehunde als Begleiter ~ Rassen Erziehung Beschäftigung
Dieser Beitrag wurde am Montag, 29. September 2014 um 12:03 Uhr veröffentlicht.Eine Rezension von Gudrun Beck, Züchterin der Fox Lions Collies
Ein gelungener Überblick über alles Wissenswerte zum Thema Hütehund mit leicht verständlichen Texten und sehr schönen Farbfotos. Mrozinski beschreibt die Entstehung der Hütehundrassen und -schläge und stellt die derzeit bei uns beliebtesten vor. Dabei geht er auch kurz auf genetische Probleme und Erbkrankheiten heutiger Hunderassen ein. “Fremdblutzufuhr” kann zur Zauberformel für folgende Züchter-Generationen werden, um mehr genetische Vielfalt wiederzuerlangen. So nennt er die bereits häufig praktizierte Hybridisierung in der Pferdezucht als möglichen Ausweg aus der drohenden Inzuchtdepression ganzer Hunderassen.
Der “Griff”, nichts anderes als ein möglichst nicht verletzender Biss, der an der Keule des Viehs zum Treiben erwünscht ist, kann bei ungenügender Erziehung auch an Menschen ausprobiert werden. Wadenbeißer kommen nicht so gut an! Daraus zu schließen, dass so ein Arbeitshund eben hüten und an der Herde arbeiten muss und nicht in die Hände von Hundeliebhabern ohne Vieh gehöre, ist falsch. Ein Hund gehört erzogen und manches in dem Zuge eben auch verboten. Wie das gehen kann, wird hier nur kurz angerissen, wie auch nicht anders zu erwarten in einem Überblick.
Er räumt auf mit Vorurteilen wie “Hütehunde jagen nicht” und der Wahnvorstellung, ein Hütehund müsse fast rund um die Uhr in Bewegung gehalten werden, um ihn artgerecht auszulasten. Er weist darauf hin, dass es viel wichtiger ist, einen solchen agilen Hund zur Ruhe zu erziehen und warnt davor, zur reinen Wurfmaschine für Bällchen oder Stöckchen zu mutieren. Denn, statt den Hund im Spiel auf sich selbst als Spielpartner zu fixieren, tritt gerade bei Hütehunden oft ein gegenteiliger Effekt auf: Die Objektfixierung. Schließlich ist es dem Hund egal, wer den Ball oder das Stöckchen wirft, Haupsache, er kann hinterherhetzen. Ein weiterer negativer Seiteneffekt ist, dass der Hund dieses Spielzeug dann oft gegen Artgenossen verteidigt und nichts anderes mehr wichtig findet, so dass sein Spiel- und Sozialverhalten auf der Strecke bleibt. Schließlich genügt eine Flyball-Wurfmaschine und der Hund beschäftigt sich selbst. Irgendwo wird die Grenze zum Neurotischen überschritten, spätestens dann, wenn der eigene Besitzer ihn nicht mehr aus dem Spiel abrufen und runterfahren kann. Balljunkies sind wirklich irre. Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, sollte man gerade solche Aktivitäten bevorzugen, bei denen der Hund in Ruhe arbeitet, wie z. B. im Mantrailing oder bei Apportieraufgaben, bei denen das Suchen und Bringen im Vordergrund steht.
Mrozinski spart nicht mit Kritik. Hütehunde glänzen oft mit hervorragenden Leistungen im Hundesport, aber zum reinen Sportgerät mutieren sollten sie nicht. Solange der Sport auch dem Hund Spaß macht, ist die gemeinsame Aktivität eine schöne und gesunde Freizeitgestaltung. Übertriebener Ehrgeiz kann dagegen tierschutzrelevant werden.
Das Freizeithüten, wie es in manchen Seminaren mit “Übungsschafen” angeboten wird, sieht für den Hundefreund vielleicht nett aus, kann aber für die Schafe quälend werden, denen man “keine Chance lässt, es richtig zu machen”. Sie werden “Opfer blutiger Anfänger” oder gar blutige Opfer von Anfängern. Welchen Sinn machen solche Seminare? Lust auf etwas wecken, was im Alltag des Nichtschäfer-Hundes dann doch wieder fehlt? Wer einen Hütehund als Begleiter haben möchte, braucht sowas nicht.
Dieses Buch ist allen Hundefreunden zu empfehlen, die sich für solche Hunde interessieren, einen Hütehund anschaffen möchten oder bereits einen haben. Außerdem ist es eine schöne Geschenkidee für die Freunde solcher Hunde.
Hütehunde als Begleiter
Normen Mrozinski
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,
Stuttgart, 2014
166 Seiten, Hardcover
ISBN: 978-3-440-13938-7
29,99 €