Die geheime Welt der Straßenhunde

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 8. Juli 2025 um 15:20 Uhr veröffentlicht.

DSC_6413bNeue Beobachtungen mit GPS-Messungen und was wir für unsere Hunde daraus lernen können

Eine Rezension von Gudrun Beck, Züchterin der Fox Lions Collies

Die Autorin und Hundetrainerin Sarah Fink hat ein halbes Jahr lang gemeinsam mit ihrem Mann, einem eigenen und einem Pflegehund eine ungewöhnliche Reise durch fünf süd- und osteuropäische Länder unternommen, um Straßenhunde zu beobachten und ihre täglichen Wanderungen zu begleiten und aufzuzeichnen. Zusätzlich zu den Bewegungsmustern ließ sie Aktivitäts-Tracker laufen, die das Bild komplettierten.
In diesem Buch beschreibt sie ihre Erlebnisse, stellt uns ganz unterschiedliche freie Hunde vor und zieht Schlüsse aus den Beobachtungen. Sie stellt uns auch Menschen vor, die sie als Hundefreunde vor Ort kennenlernen konnte.

Dieses Buch ist sehr spannend zu lesen. Es nimmt uns mit in eine ganz andere Welt der Hundehaltung, als wir in Mitteleuropa kennen. Unter den freien Hunden waren durchaus nicht alle besitzerlos. Sie waren auch nicht unbedingt schlecht ernährt. Selbst die besitzerlosen Straßenhunde kannten oft bestimmte Menschen, deren Lieblings-Straßenhund sie sein durften, die sich um sie kümmerten.

Die Auswertungen ergaben sehr unterschiedliche Lebensweisen. Manche Hunde waren täglich mehr als 20 km unterwegs, andere blieben fast ortstreu, bewegten sich aber auch da, wo sie offenbar zuhause waren, z. T. sehr aktiv, z. B. im Spiel mit anderen Hunden. Auch Welpen wurden beobachtet. Allen Hunden gemein war wohl, dass sie viel weniger schliefen und ruhten, als in Hundebüchern bislang angegeben wird. Die Erziehung zur Ruhe ist also nicht so sehr für die Hunde wichtig, sondern viel mehr für die Anpassung an unseren Lebensstil mit ihnen.

Es gab auch regional Unterschiede. So fand sie in Rumänien besonders viele sehr scheue Hunde vor. Massentötungen vergangener Jahre selektierten auf Ängstlichkeit.

Interessant war nebenbei die Erkenntnis aus Gesprächen mit Hirten, dass ihre großen Herdenschutzhunde, die vorwiegend Brot oder Getreidebrei fraßen, angeblich 13-16 Jahre alt würden. Unter mitteleuropäischen Fütterungs- und Haltungsbedingungen werden sie selten älter als 8 Jahre.

Dieses Buch macht nachdenklich. Nicht alle Straßenhunde leben schlecht, schon gar nicht im Vergleich zu unseren meist angebundenen oder eingesperrten Wohlstandshunden in Mitteleuropa. Dennoch hat überall die Freiheit ihre Risiken und ihren Preis. Natürlich gibt es arme (und kranke) Hunde, die man von der Straße retten sollte. Für die meisten wäre ein Kastrationsprogramm wünschenswert, damit das Argument entfällt, sie würden halt zu viele. An manchen Orten gibt es das schon.

Sarah Fink
2025 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
215 S., 258 Farbfotos und 30 Farbillustrationen, Hardcover
ISBN 978-3-440-18186-7
25,00 €

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