WiegandCJ wrote:
Eigentlich wollte ich das ja in de.alt.soc. tierrechte
posten - aber hier passt es gerade.
Ein Artikel aus dem heutigen 'Standard' (seriöse, liberale
Tageszeitung in Ö)
Titel: Eigenwilliger Naturschutz
Die EU hat vor vier Jahren verbindliche
Naturschutzrichtlinien erlassen. Österreich setzte sie nicht
um. Die Umweltschutzorganisation WWF legt bei der EU
Beschwerde gegen die Republik ein, berichtet Andreas
Feiertag
Wien - Der seltene Graureiher steht unter Schutz.
Eine verbindliche EU-Richtlinie gewährt ihm diesen. In
Österreich nimmt man das aber nicht so genau. In Wien zum
Beispiel ist Er- und Ableben des Vogels im landeseigenen
Jagdgesetz geregelt - mittlerweile mit einer ganzjährigen
Schonzeit eingeschränkt. Verfliegt sich der Reiher jedoch
nach Niederösterreich, unterliegt er dem dortigen
Jagdgesetz. Ohne Einschränkung. Und darf während einiger
Monate abgeschossen werden, wie auch in anderen
Bundesländern. Kommt das Tier aber ungeschoren nach
Salzburg, verlieren Jäger ihr Recht auf ihn. Dort steht der
Graureiher nämlich unter Naturschutz.
Diese 'rechtlichen Skurrilitäten' treffen allerdings nicht
nur Graureiher und anderes Gefieder. Die gesamte Fauna und
Flora Österreichs befinde sich in einer 'absurden
Rechtssituation', erklärt Corinna Milborn, Sprecherin des
WWF dem STANDARD. Die EU habe bereits vor vier Jahren
verbindliche Naturschutzrichtlinien erlassen, Österreich
habe sie aber bis heute nicht umgesetzt.
Daher wird der WWF heute, Donnerstag, bei der EU Beschwerde
gegen die Republik einreichen.
Sämtliche Naturschutzangelegenheiten sind in Österreich
Ländersache, jeweils in Jagd-, Fischerei- und
Naturschutzgesetzen geregelt, so der stellvertretende
WWF-Geschäftsführer Bernhard Drumel. Drei verschiedene
Rechte mal neun Länder, rechnet er vor, ergeben 27 Gesetze.
Und mit Ausnahme des burgenländischen Naturschutzgeseztes
seien in keinem die EU-Richtlinien enthalten: 'Macht 26 zu
eins gegen Österreich', subsummiert Drumel.
Wildtiere etwa gehörten in Österreich rechtlich dem Jäger,
auch wenn sie gefährdet sind. Die Naturschutzbehörde habe
somit kein Recht, nach EU-Richtlinien vorgeschriebene
Schutzmaßnahmen, Bestandsaufnahmen und Beobachtungen durchzuführen.
Verendete Seeadler oder Bären könnten von Jägern ausgestopft
werden, ohne daß eine Untersuchung der Todesursache oder gar
eine Korrektur in den Bestandslisten stattfindet. Auch
würden Vogelarten gejagt, die nach EU-Recht nicht jagdbar
wären. Etwa die Bläßgans. Die Waldschnepfe dürfe entgegen
EU-Recht sogar während der Fortpflanzungszeit abgeschossen werden.
Die EU, erklärt Milborn, werde aufgrund der Beschwerde
Österreich 'zu einer Stellungnahme und dann zur Umsetzung
auffordern'. Sollte dies nicht geschehen, würde der Republik
dasselbe wie Frankreich blühen: Der Europäische Gerichtshof habe
Frankreich in Sachen Vogelschutz zur Zahlung von 1,4
Millionen Schilling pro Tag der Nichtumsetzung verdonnert.
Frankreich habe schleunigst umgesetzt.
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