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18.05.00 -- Gudrun_Beck

RE: WARUM habt Ihr eigentlich einen Hund????














Haben wir eigentlich alle irgendwo ''ne Macke?

Kann es sein, dass wir emotional nicht ganz in Ordnung sind, weil wir bereit sind, solche Wesen zu adoptieren und zu lieben, die wir im Vergleich zu uns selbst einer niederen Spezies zurechnen müssen? Sollten wir nicht all die Liebe und die Mittel, die wir aufbringen können, MENSCHEN zu Gute kommen lassen?

Warum sind wir anders, als die Mehrheit, die eben keinen solchen emotionalen Bezug zu Tieren hat? Unsere "unproduktiven Fresser" sind den meisten Mitmenschen ein Dorn im Auge. Warum nehmen wir die zunehmende Diskriminierung in Kauf?

Es gibt Mitmenschen, die behaupten, unsere Liebe zu Tieren sei Ersatz dafür, dass wir unter Menschen diesbezüglich wohl weniger erfolgreich seien. Ich bezweifele dies, da viele von uns glückliche Familien haben. Aber gut, der Bezug zum Tier kam i. d. R. mit in die Ehe. Er entstand oft schon in früher Kindheit. Warum?

Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich auf Autofahrten bereits als ich 2 war auf jedes Pferd, dass auf einer Weide zu sehen war, begeistert hinwies. Schon im Kindergartenalter hatte ich den Wunsch, eines Tages ein möglichst großes, starkes, liebes Tier an meiner Seite zu haben. Als Freund und als Beschützer oder als Fluchtmöglichkeit.

Bei uns zu Hause lief einiges falsch. Andere Kinder wurden von ihren Eltern in den Arm genommen zu allen möglichen Gelegenheiten. Körperkontakt und Streicheln kannte ich nur aus Begegnungen mit Fell-Tieren, die davor nicht auswichen, meist Katzen oder Pferde. Hunde fand ich z. T. auch schön, doch sie galten in unserer Familie als unsauber. Da wir zu Hause in der Etagenwohnung keine größeren Tiere halten konnten, sammelte ich Plüschtiere. Plüschtiere statt Puppen. Ich konnte nicht mit Puppen spielen. Andere Mädchen hatten welche und spielten mit ihnen. Ich ging dann nach Hause. Ich hatte einen großen Bruder, eine kleine Schwester und Plüschtiere. Das reichte. Mit Puppen konnte ich nichts anfangen. Dafür fehlte mir der Bezug. Ich war ein ängstliches Kind, das vor fremden Erwachsenen wegzulaufen gelernt hat.

Im Grundschulalter zeigte ich paranoide Tendenzen, die auf schlechten Erfahrungen mit Stärkeren, z. T. auch älteren MENSCHEN basierten. In meiner eigenen Generation gehörte ich immer zu den Kleinsten und Schwächsten. Flucht-Momente wurden nie thematisiert. Ich hatte Alpträume und behielt sie für mich. Es hätte höchstens auf Lästereien geführt, hätte ich sie irgendwem erzählt. Meine Sehnsucht nach einem eigenen Pferd wurde dadurch verstärkt.

Während der Pubertät wichen meine Ängste manisch-depressivem bis aggressivem Verhalten, mit dem ich sehr erfolgreich war. Plötzlich konnte ich mich durchsetzen. Auch diese "Störungen" wurden nie thematisiert, aber ich hatte, für mich selbst betrachtet, auf jeden Fall ''ne Macke. In dieser Zeit konnte ich ein größeres Tier zu Hause durchsetzen: Meinen Kater. Von meinem Taschengeld ernährt, bekam der Arme in erster Linie Haferbrei mit Milch und was ich von meinem Mittagessen als Fleischanteil beiseite legen konnte. Ich hatte eine sehr starke Beziehung zu diesem Tier. Es lernte Apportieren und wir wilderten Kaninchen im Forst - sehr zum Verdruss des Försters, der natürlich mit Abschuss drohte. Die Kaninchen bereicherten den Speiseplan des Katers, der als Main-Coon-Mix ausgesprochen groß und kräftig wurde. Mein "Pelz" schlief bei mir im Bett und verursachte nach und nach meine Tierhaarallergie.

Als das Tierchen 9 war, kam Gladess dazu, weil ich einen Wachhund haben wollte. Zu dem Zeitpunkt war ich mit meinem Kleinkind die Woche über allein in einer Parterre-Wohnung und bekam nachts obzöne Droh-Anrufe von irgendeinem Psychopathen, während mein Mann eine kleine Wohnung und seinen Job in Frankfurt hatte. Die Entscheidung für einen Collie war eine Kompromisslösung zwischen meinem Wunsch nach einem möglichst großen Hund und der damals vorhandenen Angst meines Mannes vor Hunden. Gladess liebes Wesen hat mich entgültig "auf den Hund gebracht", zumal ich meinen über alles geliebten Kater noch im gleichen Jahr aufgrund der zunehmenden Allergie nach dem 4. Asthma-Anfall, der fast tödlich war, in die Eifel zu meiner Schwester brachte. Der Kater lebte dort sehr frei noch 7 weitere Jahre und starb dann an einer Krankheit, gegen die man hätte impfen können.

Ich bin ein Individualist geblieben. Unter meinen Bekannten, die auch mindestens ein Tier zu Hause haben und es wirklich lieben, sind einige, die aus einem Zuhause stammen, wo brutale Härte oder eisige Distanz zu den Eltern vorherrschten. Manchen ist darüber hinaus Schlimmeres passiert, nicht mit Tieren, sondern unter Menschen.

Mein A-Wurf-Welpe Anders tröstet im Moment eine erst kürzlich geschiedene Frau und ihre Kinder, deren Vater um Ostern herum zum Mörder wurde und nun inhaftiert ist. Klein-Anders wird für diese Kinder besonders wichtig werden.

Vielleicht habt Ihr ja auch alle irgendwo ''ne Macke?

Viele Grüße!

Gudrun
Thema: WARUM habt Ihr eigentlich einen Hund????


 
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